- Die Öffnung einer Flugzeugtür macht den Moment der „Ankunft“ eines Flugzeugs aus
- Europäischer Gerichtshof stärkt mit der Entscheidung die Rechte von Passagieren bei der Durchsetzung von Entschädigungsansprüchen bei Flugverspätung
Potsdam, 04. September 2014 – Der Europäische Gerichtshof (EuGH: C-452 /13) entschied heute darüber, dass die „tatsächliche Ankunftszeit“ eines Flugzeugs der Zeitpunkt ist, in dem mindestens eine Tür des Fliegers geöffnet wird. Damit haben die Richter die Position von Fluggästen bei der Durchsetzung von Entschädigungszahlungen gestärkt. Die Entscheidung hatte das österreichische Gericht dem Gerichtshof in Luxemburg zugetragen, das mit dem ausschlaggebenden Rechtsstreit zwischen einem Passagier und Germanwings befasst war. Die betroffene Fluggesellschaft hatte vorab daran festgehalten, dass bereits der Augenblick, in dem die Räder des Fliegers die Rollbahn berühren, die Landung definiere. Durch diese Auslegung der Ankunftszeit wäre sie von einer verspätungsbedingten Entschädigungszahlung entbunden gewesen.
„Wir begrüßen die Entscheidung des EuGH im Sinne aller Flugreisenden sehr. Das Gericht hat hiermit eindeutig Stellung für Flugreisende bezogen“, kommentiert Dr. Philipp Kadelbach von flightright. „Schließlich versuchen viele Fluggesellschaften durch eine eigene Auslegung von Landezeiten, die Verspätungszeiten ihrer Flieger zu minimieren und so ihrer Pflicht von Entschädigungszahlung zu entkommen“, weiß der Jurist und Geschäftsführer von flightright. „Tatsächlich ist nun aber erforderlich, dass diese neu definierte „tatsächliche Ankunftszeit“ auch durch eine neutrale Instanz gemessen werden kann. Ansonsten wird es vermutlich bei den Passagieren liegen, auf die Uhr zuschauen, wenn sich die Türen öffnen“, so Kadelbach weiter.
Das Gericht in Luxemburg befasste sich heute mit einem Flug der Linie Germanwings von Salzburg nach Köln/Bonn. Der Flieger setzte mit einer Verspätung 2:58 Stunden auf der Landebahn des Zielflughafens auf. Die Parkposition, in der kurz darauf die Türen geöffnet wurden, erreichte er aber erst fünf Minuten später. In diesem Moment lag die Verspätungszeit über drei Stunden und berechtigte die Mitreisenden zu einer Entschädigungszahlung von 250 Euro. Einer der betroffenen Passagiere bestand auf diese Zahlung durch die Airline, die ihm im Rahmen der durch den EuGH bestimmten Fluggastrechte zustehe. Heute hat der EuGH zu seinen Gunsten entschieden.
Das Gericht stellte klar, dass der Begriff der „tatsächliche Ankunft“ nicht vertraglich und nicht individuell auslegbar sei. Seine Entscheidung zugunsten der Passagiere begründete das Gericht damit, dass der Handlungs- und Kommunikationsspielraum von Reisenden während eines Fluges stark eingeschränkt sei. Während der regulären Flugzeit sei dies als „unumgänglich anzusehen“. Die starke Einschränkung der Reisenden ändere sich tatsächlich aber erst durch die Öffnung der Tür und mit der Möglichkeit, den Flieger zu verlassen, nicht aber bereits durch ein Aufsetzen der Maschine am Boden.
Laut Fluggastrechte-Verordnung Nr. 261/2004 der Europäischen Union steht Fluggästen bei der kurzfristigen Annullierung ihres Fluges eine Entschädigung zwischen 250 Euro und 600 Euro zu. Im November 2009 wurde in einem Präzedenzfall darüber hinaus entschieden, dass Flugverspätungen annullierten Flügen rechtlich gleichzustellen seien (Sturgeon/Condor, EuGH C-402/07).