- In Deutschland wurden 2023 prozentual die meisten Abflüge in Europa gestrichen
- Lufthansa und Eurowings stornieren überdurchschnittlich viele Flüge
- Vier deutsche Flughäfen unter den sieben Flughäfen mit den meisten Stornierungen
- Viele Fluggesellschaften zahlen Entschädigungen nur schleppend
Nach dem Flugchaosjahr 2022 hatten viele Flugreisende in diesem Jahr auf Besserung gehofft. Zwar ist im Sommer ein ähnliches Chaos wie im letzten Jahr ausgeblieben. Flightrights aktuelle interne Datenauswertung zeigt jedoch, dass lange Wartezeiten und Flugausfälle auch in diesem Jahr besonders in Deutschland an der Tagesordnung waren. Prozentual wurden sogar mehr Flüge storniert als im letzten Jahr. Was die genauen Gründe dafür sind und wie es im nächsten Jahr aussehen könnte, das erklärt Dr. Jan-Frederik Arnold, Geschäftsführer von Flightright.
In Deutschland werden europaweit die meisten Abflüge storniert
Mit 1,91 Prozent an stornierten Abflügen liegt Deutschland unangefochten auf dem Spitzenplatz, gefolgt von Frankreich (1,75 %) und den Niederlanden (1,64 %). Die Quote der stornierten Abflüge aus Deutschland im Zeitraum vom 01.01.2023 bis 06.12.2023 lag sogar knapp höher als im gleichen Zeitraum im Jahr 2022 (1,84 %), in dem vor allem im Sommer in vielen Ländern Europas ein Flugchaos aufgrund von Personalmangel herrschte. Bei den Verspätungszeiten gibt es zwar nur einen geringeren Unterschied zum letzten Jahr. Die Verspätungsquote bleibt aber weiterhin hoch. Im Vergleichszeitraum 2022 hatten 22,42 Prozent der Abflüge aus Deutschland eine Mindestverspätungszeit von 15 Minuten. In 2023 waren es 23,21 Prozent. „Dass Deutschland bei den stornierten Abflügen die Spitzenposition einnimmt, kommt für mich wenig überraschend. Schuld daran ist zum einen der weiterhin gravierende Personalmangel bei Flughäfen und Airlines, zum anderen kam es über das Jahr verteilt zu vielen Streiks in der Luftfahrt und zuletzt zu wetterbedingten Einflüssen. Überraschend ist jedoch, dass im Vergleich zum Chaosflugjahr 2022 in diesem Jahr noch mehr Abflüge storniert wurden, und das, obwohl Flughäfen und Airlines Verbesserung gelobt haben. Die fälligen Entschädigungszahlungen an Flugreisende zahlen viele Airlines oft stark verspätet oder gar nicht und das ist mit sehr großem Aufwand und gerichtlichen Klagen verbunden“, so Dr. Arnold.
Deutsche Airlines schneiden schlecht ab
Wie die Analyse nach Airlines zeigt, kommen gleich zwei der fünf Airlines mit den prozentual meisten Stornierungen aus Deutschland. Mit Lufthansa (1,96 %) und Eurowings (1,93 %) gehören beide zur Lufthansa Group. Bei den Verspätungen sticht vor allem Lufthansa hervor, bei der 28,19 Prozent aller Abflüge und somit fast jeder dritte Flug eine Mindestverspätungszeit von 15 Minuten hatte. Low-Cost-Anbieter (LCC) wie Ryanair oder auch Wizz Air schnitten damit besser als Premium-Airlines wie Lufthansa, KLM oder British Airways ab. Dr. Arnold sieht die Gründe für das schlechte Abschneiden der Fluggesellschaften der Lufthansa Group unter anderem „in den offensichtlichen internen Problemen und dem fortwährenden Mangel an Personal, was ein enttäuschendes Serviceerlebnis für die Passagiere:innen mit sich bringt. Es scheint, als hätten die Airlines der Lufthansa Group Probleme, die grundlegende Qualität des Services zu liefern, die Flugreisende verdient haben. An Drehkreuzen kommt es zudem schneller zu Folgeproblemen bei Umsteigeverbindungen als bei den Punkt-zu-Punkt-Verbindungen der meisten Low-Cost-Anbieter, in Anbetracht der Rekordgewinne in diesem Jahr sollte die Lufthansa Group dringend Anpassungen vornehmen und in die Kundenzufriedenheit investieren. Laut Dr. Arnold hat sich die ehemalige Vorzeigefluggesellschaft Deutschlands durch übermäßige Sparanstrengungen und die Unzufriedenheit vieler Mitarbeiter:innen „in eine Schieflage manövriert und dabei viel Vertrauen bei Passagier:innen verspielt.“
Großes Chaos an deutschen Flughäfen
Vier der sieben europäischen Flughäfen mit den prozentual meisten Stornierungen im Jahr 2023 befanden sich in Deutschland. Der Flughafen Düsseldorf schafft es dabei mit 2,14 Prozent an stornierten Flügen auf den unrühmlichen zweiten Platz, der Flughafen Berlin-Brandenburg verpasst das Treppchen mit 2,02 Prozent nur knapp und landet auf dem vierten Platz. Bei rund ein Prozent stornierter Flüge sprechen wir von einem normalen Verhältnis. Die Flughäfen Düsseldorf und Berlin-Brandenburg hatten im Jahr 2023 also mehr als doppelt so viele Stornierungen wie gewöhnlich. Auch die Flughäfen München (1,97 %) und Frankfurt (1,93 %) haben alles andere als zufriedenstellende Zahlen. Der Flughafen Frankfurt hat zudem mit 3.645 Flugstornierungen im Jahr 2023 in absoluten Zahlen nach den Flughäfen in London (Heathrow) und Amsterdam die drittmeisten Stornierungen in Europa. Für die vielen Stornierungen und Verspätungen an den Flughäfen sind neben dem Missmanagement vieler Airlines und Flughäfen vor allem die vielen Streiks unzufriedener Arbeitnehmer:innen in der Luftfahrtbranche und der weiterhin scheinbar nicht in den Griff zu kriegende Personalmangel an allen Ecken und Enden mitverantwortlich.
Deutsche Airlines zahlen Entschädigungen unterschiedlich gut
Wissen, was Recht ist: Nach EU-Recht steht Passagier:innen eine Entschädigung zwischen 250 und 600 Euro zu, wenn sie mehr als drei Stunden verspätet an ihrem Reiseziel ankommen oder ihr Flug weniger als 14 Tage vor Abflug gestrichen wurde. Dr. Arnold dazu: „Die Höhe der Entschädigung ist unabhängig vom Ticketpreis und basiert auf der Fluggastrechteverordnung. Durch die Geltendmachung entstehen Passagier:innen keinerlei Nachteile. Leider wissen viele Passagier:innen noch immer nichts von ihrem Recht auf Entschädigung. Genau hier setzt Flightright an: Wir machen Verbraucher:innen auf ihr gutes Recht aufmerksam, setzen die Zahlungen für unsere Kund:innen durch – und ziehen dafür notfalls auch bis vor den Europäischen Gerichtshof.“
Im folgenden Bild ist das Zahlungsverhalten europäischer Fluggesellschaften, die Jahr 2023 Entschädigungszahlungen an Flightright zu entrichten hatten, aufgelistet. Das Zahlungsverhalten der Airlines lässt sich in drei Kategorien einteilen:
Die vertretbaren Zahler, die langsamen Zahler und die Zahlungsverweigerer.
Auffallend ist, dass das Zahlungsverhalten deutscher Fluggesellschaften stark variiert. Während Eurowings ein gutes Zahlungsverhalten zeigt, liegen Lufthansa und Condor nur im Mittelfeld. Damit stellen sich die deutschen Airlines fast auf Augenhöhe mit Billigfliegern wie Ryanair, die prozentual in mehr Fällen, aber langsamer zahlen als die Lufthansa. „Extreme Verspätungen oder Flugannullierungen können die gesamte Reiseorganisation der Passagier:innen ins Wanken bringen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass Fluggesellschaften die gesetzlich vorgeschriebenen Entschädigungen zügig und verlässlich leisten. Die Lufthansa muss in diesem Bereich weiterhin verbessern. Im vergangenen Jahr war sie unter den Zahlungsverweigerern und hat es in diesem Jahr gerade so in die Kategorie der langsamen Zahler geschafft“, so Dr. Arnold weiter.
Flugprobleme auch im Jahr 2024 erwartet
Die Aussichten für die Nachfrage nach privaten und geschäftlichen Flügen im kommenden Jahr sind derzeit vielversprechend. „Ob sich der Flugverkehr tatsächlich weiterhin positiv entwickelt, hängt meiner Meinung nach stark von der allgemeinen wirtschaftlichen Situation und den zukünftigen Belastungen für die Verbraucher:innen ab. Ich gehe jedoch davon aus, dass Flugreisende auch im Jahr 2024 Geduld bei Flugreisen mitbringen müssen. Obwohl von einer Verbesserung der Personalsituation auszugehen ist, wird der Betrieb dennoch nicht reibungslos verlaufen. Darüber hinaus werden aufgrund der Inflation und der allgemeinen Unzufriedenheit der Arbeitnehmer:innen in der Luftfahrtbranche sehr wahrscheinlich weitere Streiks erfolgen. Es bleibt zu hoffen, dass Fluggesellschaften und Flughäfen aus den zahlreichen Fehlern der letzten Jahre gelernt haben, um den Flugverkehr im Jahr 2024 besser bewältigen zu können“, so Dr. Arnold abschließend.
Disclaimer:
Alle Angaben der Pressemitteilung basieren auf den uns zur Verfügung stehenden Daten. Die Daten sind zuverlässig, erheben jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie erfassen den Zeitraum vom 01.01.2023 bis zum 06.12.2023.